• VielFalter - Magazin für Polyphonie

    Gedanken zum \“Tag gegen Drogenmissbrauch\“

    Hallo,

    auf der Seite des \“Aktionsbündnis Seelische Gesundheit\“ (eine Initiative der DGPPN) habe ich folgenden Hinweis gefunden:

    \“Am 26. Juni ist der Internationale Tag gegen Drogenmissbrauch und illegalen Drogenhandel der Vereinten Nationen (seit 1987)\“

    Ich nehme an, dass uns zu gegebenem Zeitpunkt die DGPPN erzählen wird, wie böse und schlimm
    die illegalen Drogen sind, und wie toll und wohltuend doch die Psychiatrie sei. Ich glaube kaum,
    dass uns das \“Aktionsbündnis\“ hinweisen wird, auf mehrere tausend Menschen, die allein in der BRD aufgrund der Einnahme psychiatrischer Drogen frühzeitig versterben. Auch von den körperlichen und seelischen Folgen eines Dauerkonsums von Neuroleptika und Antidepressiva werden wir in diesem Zusammenhang wohl nix erfahren.

    Ich möchte hier weder die Gefährlichkeit von illegalen Substanzen verharmlosen, noch die verbrecherischen Strukturen beschönigen, in denen Unsummen mit dem Drogenhandel verdient werden. Allerdings sollte immer wieder und mit aller Deutlichkeit darauf hingewiesen werden, dass gerade durch die Kriminalisierung dieser Drogen hier eine enorme Gewinnspanne erzielt wird. Mit den Gewinnen aus dieser Drogenindustrie wird auch unsere Wirtschaft kräftig angekurbelt. Neben Luxusgütern und schicken Autos kauft die Mafia vor allem Waffen, die die Exportnation Deutschland bereitwillig in (fast alle) Kriegs- und Krisenregionen liefert.

    Wir werden vor den Gefahren des Konsums illegaler Substanzen gewarnt. Vor den Auswirkungen auf unsere Gesundheit. Es werden mal wieder Gelder locker gemacht für Aufklärungskampagnen und wir werden hingewiesen auf Beschaffungskriminalität und Verbrechensbekämpfung. Wir erfahren, dass die Zahl der Drogentoten um ein Fünftel gestiegen ist vergangenes Jahr.  So meldete die Tagesschau kürzlich, dass im vergangenen Jahr 1226 Menschen an den Folgen des Drogenkonsums starben – weit weniger, als im Straßenverkehr ums Leben kamen.
    Vielleicht wird am Rande ja auch noch auf die Gefahren durch den Konsum legaler Drogen verwiesen. \“Schätzungen für Deutschland belaufen sich auf etwa 74.000 Todesfälle, die durch riskanten Alkoholkonsum oder durch den kombinierten Konsum von Alkohol und Tabak verursacht werden\“, können wir lesen auf der Seite zur \“Aktionswoche Alkohol\“, die vom 13. bis 21. Mai stattfinden soll. Auf diese Woche weist die DGPPN mit ihrem \“Aktionsbündnis Seelische Gesundheit\“ nicht hin. Die Gelder, die das Bundesministerium für die \“Aktionswoche Alkohol\“ ausgibt, fließen in andere Taschen.

    Ende Juni also wird uns die DGPPN auf Zusammenhänge zwischen dem Konsum illegaler Drogen und sogenannten psychischen Erkrankungen hinweisen. Sie wird wohl nicht explizit darauf hinweisen, dass die Konsumenten illegaler Drogen diese in aller Regel freiwillig nehmen (sofern wir bei Sucht noch von Freiwilligkeit sprechen können), obwohl ihnen allerorten davon abgeraten wird und ihnen durch die Kriminalisierung beträchtliche Hürden für Erwerb und Gebrauch in den Weg gelegt werden.

    Während uns die DGPPN vor den Gefahren durch legale Drogen warnt, verharmlost sie anderen Ortes die Risiken der Psychopharmaka. Da keine Zahlen erhoben werden über Todesfälle durch psychiatrische Behandlung, ist nirgendwo zu lesen, dass in Deutschland zehnmal mehr Menschen durch Psychopharmaka ums Leben kommen als durch illegale Drogen. Die DGPPN wird auch nicht darauf hinweisen, wie viele Menschen hierzulande zur Einnahme von Psychopharmaka gezwungen oder genötigt werden. Oder wie viel Geld in Kampagnen fließt, die das Ziel haben, bei immer mehr Menschen psychische Erkrankungen zu \“erkennen\“ um sie dann der \“notwendigen\“ Versorgung mit Psychopharmaka zuzuführen. Wie wichtig es ist, dass die „psychisch Kranken“ ihre Medikamente einnehmen, wird uns wieder und wieder eingeredet. Hier verrichtet das Aktionsbündnis die Propagandaarbeit für die Pharmaindustrie – finanziert vom Bundesministerium für Gesundheit. Sprich: auf Kosten der Steuerzahler.

    Im Hinblick auf den 26. Juni frage ich mich, ob ein informierter und selbstbestimmter Umgang mit Drogen der fragwürdigen Verordnungspraxis in der Psychiatrie bis hin zur Zwangsmedikation nicht vorzuziehen wäre? Wie kann es sein, dass Heroin, Kokain oder Cannabis verboten sind, Neuroleptika jedoch nicht? Warum werden uns manche Substanzen vorenthalten, andere jedoch regelrecht aufgedrängt? Warum wird nicht in aller Deutlichkeit gesagt, dass ein Großteil der Drogentoten vor allem auf die Kriminalisierung zurückzuführen ist? Warum werden die Psychiatrie-toten verschwiegen? Sind Opium oder Marihuana wirklich gefährlicher als SSRI, Neuroleptika oder Benzos? Ist der illegale Drogenmarkt gar eine Konkurrenz für Psychiatrie und Pharmaindustrie? Wie sollte eine vernünftige Drogenpolitik aussehen – jenseits von Vorurteilen und Hysterie?

    Auf Eure Gedanken, Fragen und Anregungen bin ich gespannt – zum Beispiel in der Kommentarfunktion

    siehe auch:
     http://www.seelischegesundheit.net/veranstaltungen/uebersicht/event/20-gegen-drogenmissbrauch-und-drogenhandel
    http://fairmedia.seelischegesundheit.net/dossiers/psychopharmaka/bedeutung-der-psychopharmaka
     http://www.aerztezeitung.de/medizin/krankheiten/neuro-psychiatrische_krankheiten/suchtkrankheiten/article/884112/jahr-2014-drogentote-deutschland.html
     http://de.statista.com/statistik/daten/studie/403/umfrage/todesfaelle-durch-den-konsum-illegaler-drogen/
     https://www.tagesschau.de/inland/drogenbericht-117.html
     http://www.aktionswoche-alkohol.de/hintergrund-alkohol/zahlen-fakten.html